Montag, 22. Dezember 2008

Debatte über Werbe-Denglisch

Im Literaturhaus Berlin diskutierten Prof. Christoph Fasel, Experte für Verbraucherjournalismus, und Volker Nickel vom Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft über Sinn und Unsinn englischer Werbeslogans wie "Feel the Difference" oder "Welcome to the Becks Experience".
Bericht im manager-magazin 12.12.2008

Tatsache ist: Die Mehrheit der Deutschen versteht da nur Bahnhof (oder hört gar nicht hin). Wozu für teures Geld einen Slogan verkünden, den kaum einer richtig versteht? Will Becks sein Bier wirklich nur an Leute verkaufen, die auf Anhieb wissen, dass "experience" nicht "Experiment", sondern "Erlebnis" heißt? Kann Becks es sich wirklich leisten, alle potenziellen Käufer abzuschrecken, die sich beim Bier lieber auf keine Experimente einlassen?

Dass englische Slogans die meisten Deutschen kalt lassen, hat die Dortmunder Statistikerin Isabell Kick schon 2004 gemessen (Spiegel Online 28.7.2004). Meine Hypothese dazu: Das liegt daran, dass deutsche Muttersprachler die englischen Slogans nicht hören, wenn sie sie lesen. Das Lesen löst kein Hör-Erlebnis aus. Diese Slogans sprechen nicht; sie sind stumm. (Was wiederum damit zu tun hat, dass die meisten nicht so genau wissen, wie die englischen Wörter korrekt auszusprechen sind. Und damit, dass Englisch automatisch mit Werbung assoziiert wird, also als überflüssig gilt.)

Nickel konterte etwas dümmlich mit der Frage, ob man künftig nicht mehr "Toaster" oder "cool" sagen dürfe. Als ob jemand so etwas fordern würde. Aber "experience" muss man wirklich nicht sagen, wenn man genau so gut "Erlebnis" sagen kann.

Zurecht verwies Nickel auf die größeren Probleme, die "verklausuliertes Beamtendeutsch" verursacht. Dass dieses und "englische Fachausdrücke" oft auf dem gleichen Mist wachsen, habe ich hier schon vor Jahren aufgespießt:
Warum Canceln typisch deutsch ist

Zum Abschluss brachte Nickel ein wegweisendes Beispiel: Der McDonald's-Slogan "Ich liebe es" hat von Deutschland aus, übersetzt in die jeweilige Landessprache, einen Siegeszug um die Welt angetreten. Genau! Habt den Mut, Gefühle in Deutschland in den Worten auszudrücken, die ihr als Kind zu diesem Zweck gelernt habt! Nur so können kräftige, siegreiche Slogans entstehen.

Und habt den Mut, erfolgreiche englische Slogans für den deutschsprachigen Markt in gutes Deutsch zu übersetzen! Dabei helfen Werbetexter und Übersetzer;-)

Freitag, 5. Dezember 2008

Neues Web-Werkzeug: Suchwort-Textmarker

Gugle mal "angebote schreiben" und klicke den Treffer "Überzeugende Angebote schreiben - LASERLINE Fachthemen" an. Schau mal an: Auf der Webseite sind deine Suchworte gelb markiert wie mit einem Textmarker. Gugle "Akquise gehört zum täglichen Brot", klick die gleiche Seite an wie vorher - auch diesmal sind deine Suchwörter "Akquise" und "Brot" markiert.

Wie funktioniert das? Das geht mit dem Javascript-Befehl searchhi.js. Stuart Langridge beschreibt hier, wie man das macht.

Vorteil: So unterstützt man das, was viele Webbesucher ohnehin machen, wenn sie über Suchmaschinen auf eine Seite kommen: Sie scannen die Seite nach ihrem Suchwort ab. Die Markierung zeigt ihnen auf einen Blick, dass die Seite wirklich von ihrem Thema handelt.

Freitag, 7. November 2008

Usability einer Website entscheidet über Konversion

Markus Mattscheck vom Portal Wer liefert was hat in business-wissen die wichtigsten Fakten über Web-Usability zusammengefasst. Ob Besucher einer Website zu Interessenten und Kunden werden - die sog. Konversion - entscheidet sich oft danach, ob

  • die Schrift leicht zu lesen ist (d. h. groß genug, kontrastreich genug),

  • die Startseite den Sinn der Website für den Besucher in zwei, drei Sätzen auf den Punkt bringt,

  • die Navigation übersichtlich ist und mit gewohnten Begriffen arbeitet,

  • die Besucher wichtige Produktinformationen schnell finden und verstehen,

  • die Besucher schnell sehen, wie sie unverbindlich Kontakt zur Firma aufnehmen können (z. B. über ein Kontaktformular mit ganz wenig Feldern).

Dienstag, 16. September 2008

Fragen, Antworten, Bewerten, Bearbeiten

Die usamischen Programmierer Jeff Atwood und Joel Spolsky haben mit Stack Overflow ein interessantes Produkt gestartet, das ein typisches Internet-Problem in den Griff kriegen soll: Nützliche Antworten auf Fragen (z. B. in Foren) gehen oft unter in einem Wust unbrauchbarer Textfragmente. Bei Stack Overlow können Programmierer spezifische Fragen stellen, und andere beantworten die Fragen. Die übrigen Nutzer bewerten die Antworten, wodurch die nützlichsten nach oben kommen wie bei Google. Gleichzeitig kann man die Antworten bearbeiten wie in einem Wiki und so z. B. eine in der Diskussion zerrissene Antwort bzw. Lösung zusammenfügen oder die Antwort an neuere Verhältnisse anpassen. Spolsky erklärt das Ganze hier.
Liebe Programmierer! Mich würde brennend interessieren, ob das funktioniert.

Montag, 5. Mai 2008

Das sprechende Augentier

Michael Blaschke vom Bielefelder Unternehmen »filmzeit« warb auf der Kongressmesse »Mehr Erfolg im Mittelstand« am 23. April 2008 in Bielefeld mit einem Vortrag über den Menschen als »Augentier« für sein Produkt: Firmenfilme, die man auf der Website zur Verfügung stellen kann.

Seiner Meinung nach schlägt der Gesichtssinn bei Weitem alle anderen Sinne und vor allem alles Geschriebene. Zum »Beweis« lies er Filmszenen laufen und mokierte sich immer wieder scheinbar darüber, dass das Publikum den Szenen im Hintergrund mehr Aufmerksamkeit zu widmen schien als seinen Worten. Der im Publikum anwesende Texter kam leider erst später auf die Idee, Herrn Blaschke mit einem Zwischenruf zu verunsichern: »Herr Blaschke!«

Da hätte er geguckt und einen Moment geschwiegen, und der Texter hätte gesagt: Sie erleben gerade, wie stark das sprechende Tier Michael Blaschke auf ein gesprochenes Wort reagiert. Nicht umsonst definiert sich der Mensch schon seit Jahrtausenden vor allem über seine Fähigkeit zu sprechen. Und das Sprechen hat immer primär mit Schall, mit Hören zu tun. Wir können also das sprechende und zuhörende Tier gleichberechtigt neben das Augentier stellen.

In die gleiche Kerbe schlagen auch Blaschkes Filme: In fast allen Filmen spielen Interviews die Hauptrolle – also sprechende Menschen. Ohne Ton, ohne Text wären diese Filme weitgehend wertlos.

Firmenfilme sind sicher ein interessantes Medium, aber kein Allheilmittel. Michael Blaschke versuchte, sie gegen die vielen Prospekte auszuspielen, die man auf der Messe mitnimmt und später fast ungelesen wegwirft. Dieses Schicksal trifft vor allem die Mehrheit der schlecht gemachten Prospekte. Doch ein ganz ähnliches Schicksal trifft vermutlich die Mehrheit der schlecht gemachten Firmenfilme. Man hat sie zwar gesehen, aber schon eine Viertelstunde später wieder komplett vergessen. Warum sollte man sich die 63. spiegelnde Marmorfassade vor blauem Himmel merken? Warum sollte man sich die 28. Automatenhand, die ihr Werkteil sicher gepackt und blitzschnell umgedreht hat, merken? Warum sollte man sich die 48. Lastwagenflotte, die dynamisch und voller Fernweh einen großen Parkplatz verziert, merken?

Was Michael Blaschke über die Werbewirkung von Firmenfilmen gesagt hat, trifft nur für die guten Firmenfilme zu. Die guten Werbeprospekte schaffen das aber auch.

Jens Jürgen Korff, Werbetexter in Bielefeld
korffTEXT - Worte, die bewegen



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