Michael Blaschke vom Bielefelder Unternehmen »filmzeit« warb auf der Kongressmesse »Mehr Erfolg im Mittelstand« am 23. April 2008 in Bielefeld mit einem Vortrag über den Menschen als »Augentier« für sein Produkt: Firmenfilme, die man auf der Website zur Verfügung stellen kann.
Seiner Meinung nach schlägt der Gesichtssinn bei Weitem alle anderen Sinne und vor allem alles Geschriebene. Zum »Beweis« lies er Filmszenen laufen und mokierte sich immer wieder scheinbar darüber, dass das Publikum den Szenen im Hintergrund mehr Aufmerksamkeit zu widmen schien als seinen Worten. Der im Publikum anwesende Texter kam leider erst später auf die Idee, Herrn Blaschke mit einem Zwischenruf zu verunsichern: »Herr Blaschke!«
Da hätte er geguckt und einen Moment geschwiegen, und der Texter hätte gesagt: Sie erleben gerade, wie stark das sprechende Tier Michael Blaschke auf ein gesprochenes Wort reagiert. Nicht umsonst definiert sich der Mensch schon seit Jahrtausenden vor allem über seine Fähigkeit zu sprechen. Und das Sprechen hat immer primär mit Schall, mit Hören zu tun. Wir können also das sprechende und zuhörende Tier gleichberechtigt neben das Augentier stellen.
In die gleiche Kerbe schlagen auch Blaschkes Filme: In fast allen Filmen spielen Interviews die Hauptrolle – also sprechende Menschen. Ohne Ton, ohne Text wären diese Filme weitgehend wertlos.
Firmenfilme sind sicher ein interessantes Medium, aber kein Allheilmittel. Michael Blaschke versuchte, sie gegen die vielen Prospekte auszuspielen, die man auf der Messe mitnimmt und später fast ungelesen wegwirft. Dieses Schicksal trifft vor allem die Mehrheit der schlecht gemachten Prospekte. Doch ein ganz ähnliches Schicksal trifft vermutlich die Mehrheit der schlecht gemachten Firmenfilme. Man hat sie zwar gesehen, aber schon eine Viertelstunde später wieder komplett vergessen. Warum sollte man sich die 63. spiegelnde Marmorfassade vor blauem Himmel merken? Warum sollte man sich die 28. Automatenhand, die ihr Werkteil sicher gepackt und blitzschnell umgedreht hat, merken? Warum sollte man sich die 48. Lastwagenflotte, die dynamisch und voller Fernweh einen großen Parkplatz verziert, merken?
Was Michael Blaschke über die Werbewirkung von Firmenfilmen gesagt hat, trifft nur für die guten Firmenfilme zu. Die guten Werbeprospekte schaffen das aber auch.
Montag, 5. Mai 2008
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Eine aktuelle Ergänzung von Rhetorikern (blueprints.de), bezogen auf sog. Du-Depp-Aussagen:
AntwortenLöschen"Neue neurologische Forschungen, bei denen man dem Gehirn bei seinen Aktivitäten zuschauen kann, zeigen, dass Worte vom Gehirn in Millisekunden in Bezug auf deren positive bzw. negative Aspekte analysiert werden. Das Ergebnis dieser Verarbeitung sind Stimmungen."
http://www.blueprints.de/artikel/kommunikation/du-depp-aussagen.html