Mittwoch, 7. April 2010

Macht das Sinn? Ja, das macht Sinn

Joachim Graf hat in seinem empfehlenswert hintergründigen Internet- und Marketing-Journal ibusiness die "26 nervigsten Wort-Hülsenfrüchte in Internet- und Social-Media-Präsentationen" aufgespießt (Originalbeitrag im Premiumbereich; auf Anfrage bei mir erhältlich).

Darunter findet sich auf Position 2 auch die beliebte Formulierung "Das macht Sinn" (direkt übersetzt aus dem Englischen: "that makes sense"). Für diese Floskel, die Sprachpuristen immer wieder angreifen, will hier eine Lanze brechen. Nicht alles, was direkt aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt wird, ist schlecht. Dieser Ausdruck macht in meinen Augen wirklich Sinn, weil er besser als der ursprüngliche deutsche Ausdruck "Das ist sinnvoll" darauf eingeht, dass Sinn durch bestimmte Maßnahmen gezielt erzeugt wird. Der kurze, knackige Dreisilber (so was ist klassisch eigentlich immer gut) nimmt nicht nur das normativ und apodiktisch angehauchte Präsens "Das ist sinnvoll" auf, sondern auch die Prognose: "Das wird sich als sinnvoll erweisen."



Grafs weitere Abschussliste enthält viele schrecklich überflüssigen Ausdrücke wie Expertise, Business Case, Success Story, ASAP, proaktiv, Benchmark, zielführend, Momentum, Google Juice, Branded Entertainment, performance-orientiert. Und diesen köstlichen Originaltext: Fokussierung auf die Kernkompetenzen. Wo es herkommt: Managementsprech: Ist die Rückseite der Medaille von "Expansion". Beide Strategien wechseln sich im Drei-Jahres-Rhythmus im Management ab. Was der Präsentator eigentlich meint: "Wir machen jetzt alles dicht, was mein Vorgänger mit viel Geld aufgebaut hat."

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Dank Andreas' Kommentar kenne ich jetzt auch die ausführliche Online-Debatte, die es um diesen Ausdruck gibt. 2003 kritisierte Bastian Sick in seiner Zwiebelfisch-Kolumne die Sinnmacherei und eröffnete die Kampagne. 2007 holte Anatol Stefanowitsch im Bremer Sprachblog zu einer ausführlichen Verteidigung aus. Erste Erkenntnisse:

  1. Der Ausdruck lässt sich schon bei Goethe finden.
  2. Die Kontroverse hat offenbar einen religiösen Kern. Es geht darum, ob wir Menschen Sinn selber erzeugen oder ob wir nur den gottgegebenen Sinn erkennen können.

1 Kommentar:

  1. Jawoll! Schöne Serie im Bremer Sprachlog zu den Thema:
    http://www.iaas.uni-bremen.de/sprachblog/2007/10/01/sinnesfreuden-i/

    Gruß,
    Andreas

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Jens Jürgen Korff